Warum ist Krise die neue Normalität und wie gehst du damit ziel- und menschengerecht um? Ich erläutere dir die häufigsten Gründe für das Misslingen von Transformationsprozessen aus meiner langjährigen Erfahrung als Manager und Coach. Und du wirst verstehen, welcher Mitarbeiter*in-Typus große Schwierigkeiten mit Veränderung hat und was du dazu wissen solltest, um auch diese Menschen für die Transformation zu gewinnen.
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Wenn ich in einem der zahlreichen unternehmerischen Transformationsprozesse tätig bin, treffe ich sehr oft auf Manager, die immer noch das Ziel verfolgen, das Unternehmen so lange wie möglich stabil und frei von Krisen zu führen. In vernetzten Systemen, in denen ständige Veränderungen zur Normalität gehören, ist es aber entscheidend, das Unternehmen, die Organisation, die Prozesse und die Mitarbeitenden zu befähigen, mit diesen Veränderungen und Krisen konstruktiv umzugehen. Flexibilität und Kreativität sind gefragt, um daraus neue Chancen und Möglichkeiten zu kreieren. Es genügt nicht, eine neue Ära oder das agile Unternehmen auszurufen und die Strukturen oder Prozesse zu optimieren. Die aktuellen Herausforderungen und notwendigen Transformationen sind zum Teil so gravierend, dass es erforderlich ist, die Sinnhaftigkeit, die Identität, die Werte sowie die Kultur des Unternehmens zu hinterfragen.
Eine zentrale Frage lautet: „Was würde dem Markt, unseren Kunden und den Mitarbeitern fehlen, wenn es unser Unternehmen in der aktuellen Form nicht mehr gäbe?“ Und: „Was müssten und könnten wir verändern, entwickeln und (anders) tun, um dies zu verhindern?“
Transformation und Change gab es schon immer. Heute sind sie jedoch intensiver, umfassender und häufiger. Ein Change- oder Transformations-Prozess folgt dem nächsten. Drei- bis Fünf-Jahrespläne können heute nicht mehr ausgearbeitet realisiert werden, weil sich die Bedingungen auf den Märkten und den Kunden sehr schnell verändern. Gefühlt ist immer irgendwie Krise.
Aber warum begegnen wir den ungeliebten Schwierigkeiten und Krisen mit Verurteilung und Widerstand?
Warum ignorieren oder verdrängen wir sie, obwohl sie uns auf notwendige Veränderungen hinweisen und als Impulsgeber dienen für Entwicklung und Wachstum? Diese Schwierigkeiten sind wie ein Seismograf, der auf eine dringende Veränderung hinweist, die wir nicht nur ernst, sondern auch dankbar annehmen sollten. Findet das nicht statt, dann scheitert die Transformation zu oft.
Die 3 häufigsten Gründe für das Misslingen einer Transformation sind:
1. Die Mitarbeitenden wurden nicht richtig oder rechtzeitig informiert.
2. Sie haben den Sinn und die Ziele nicht verstanden.
3. Die oberste Führungsebene hat es versäumt, das mittlere Management umfassend einzubinden.
Oft wird dann mit Druck reagiert – was natürlich kontraproduktiv ist. Denn den Widerständen und Befürchtungen der Mitarbeitenden, die den Veränderungsprozess nicht mittragen, liegt schließlich etwas zugrunde. Und das gilt es zu analysieren, zu verstehen und dafür Lösungen zu finden.
Deshalb scheitern so viele Transformations-Prozesse. Sie werden zwar gut und mit viel Aufwand geplant, aber nicht wirksam und mit SINN kommuniziert.
Den Menschen verstehen und für die Transformation gewinnen
Zuerst musst du verstehen, mit wem du es zu tun hast. Meiner Erfahrung nach zeigen sich vier verschiedene Reaktionen und damit vier Typologien von Mitarbeitenden:
1. Mitarbeitende, die Chancen in der Veränderung sehen.
2. Mitarbeitende, die sich bedroht fühlen (Angst vor Verlust von Arbeitsplatz und Anerkennung; Verlust von Sicherheit und Souveränität, Selbstzweifel: „Kann ich das noch lernen?“)
3. Mitarbeitende, die schon viele Change-Projekte erlebt haben und keinen Sinn mehr darin sehen. („Lieber erst mal abwarten.“)
4. Mitarbeitende, die grundsätzlich nicht veränderungsbereit sind oder es bequem haben wollen. (Gewohnter Rhythmus soll beibehalten werden.)
Mit der ersten Gruppe lässt sich unkompliziert arbeiten: Man führt Gespräche und gibt hilfreiche Tipps, begleitet sie und sie machen sich motiviert und zielstrebig auf den Weg.
Die zweite Gruppe hat Ängste und diese Ängste resultieren aus einem imaginären Verlust. Die Menschen sind verunsichert und brauchen jemanden, der ihnen diese Ängste nimmt, damit sie eine Veränderung annehmen und mittragen oder mit ins Risiko gehen können.
Die Mitarbeitende der dritten Gruppe sind eine nicht zu unterschätzende Größe. Es ist gar nicht mal so, dass sie nicht wollen – sie haben nur einfach keine Lust mehr. Sie haben es schon zu oft erlebt, dass eine unternehmerische Veränderung, auch wenn sie noch so viel versprechend begann, nicht von Dauer oder Erfolg gekrönt war. Insofern haben sie die Haltung entwickelt, bloß nicht schon wieder Zeit und Energie zu verschwenden. Aus menschlicher Sicht verstehe ich das, aber es ist natürlich weder sinnvoll noch nützlich. Es braucht eine neue Sicht und Interpretation auf die Transformation, damit auch sie Teil der Veränderung werden.
In der vierten Gruppe findest du oftmals Mitarbeitende mit langer Betriebszugehörigkeit, die es gerne sehen, wenn die Dinge so weiterlaufen, wie sie es seit Jahren und Jahrzehnten gewohnt sind. Sie wollen keine Veränderung.
Wie soll man diese verschiedenen Typologien von Mitarbeitenden für die notwendige Transformation gewinnen?
Das ist eine große Herausforderung! Denn die meisten Führungskräfte haben es nicht gelernt, zu »coachen« und in einem Gespräch die wirklichen Gründe für den Widerstand herauszufinden.
Wenn die Führungskraft vorschlägt: „Lassen Sie uns doch mal über die Veränderung reden. Ich merke, dass Sie sich da schwertun.“ Dann erwidert der Mitarbeitende vielleicht: „Wie kommen Sie darauf? Über was wollen Sie mit mir denn reden?“ Oftmals weiß die Führungskraft dann nicht, wie sie damit umgehen soll.
Noch schlimmer – und auch eine der Hauptbefürchtungen von Führungskräften – ist es, wenn Emotionen bei Mitarbeitenden hochkommen, Tränen fließen … Viele Führungskräfte sind bei einer solchen Reaktion völlig überfordert. Sie fühlen sich dafür verantwortlich, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter weint und in ein emotionales Loch fällt oder wütend das Büro des Chefs verlässt. Das hindert letztlich daran, das Gespräch wirklich in der notwendigen Tiefe zu führen. Deshalb bleiben Führungskräfte oftmals lieber an der Oberfläche. Dabei sind Emotionen in einem Gespräch eine Riesenchance. Da zeigt und öffnet sich etwas, was ohnehin da ist und nun die Chance zur Klärung bietet.
Nützliche Fragen für den Veränderungsprozess
Wenn du Führungskraft bist und mit solchen Situationen in deinem Unternehmen konfrontiert bist, mach es anders! Sprich mit deinem Mitarbeitenden. Interessiere dich für ihn, versuche zu verstehen und frage direkt und empathisch:
„Wie denken Sie über die geplante Veränderung?“
„Welche Vor- und Nachteile sehen Sie?“
„Warum bringen Sie sich nicht aktiv ein?“
„Warum leisten Sie Widerstand (stillen oder offenen?)“
„Was befürchten Sie?“
„Wie müsste es sein bzw. was bräuchte es, damit Sie die Veränderung mittragen könnten?“
Hier die 5 besten Tipps für eine nachhaltig erfolgreiche Transformation
1. Einbeziehung der Mitarbeitenden: Beteiligen Sie die Mitarbeitenden frühzeitig am Transformationsprozess, um den Sinn und die Ziele zu klären sowie ihr Engagement und ihre Motivation zu steigern.
2. Kommunikation: Kommunizieren Sie klar und redundant über die Gründe für die Transformation, die Ziele und den Nutzen für das Unternehmen und die Mitarbeitenden.
3. Schulung, Unterstützung und Coaching: Bieten Sie Schulungen, Unterstützung und individuelles Coaching für die Mitarbeitenden an, um sicherzustellen, dass sie die notwendigen Fähigkeiten und Ressourcen zur Verfügung haben, um erfolgreich an der Transformation teilzunehmen.
4. Wertschätzung: Anerkennen und belohnen Sie das Engagement und die Erfolge der Mitarbeitenden während der Transformation, um ihre Motivation aufrechtzuerhalten.
5. Offene und angstfreie Kommunikation: Schaffen Sie eine offene und unterstützende Arbeitsumgebung, in der die Mitarbeitenden ihre Bedenken und Ideen zur Transformation äußern können.
Fazit:
Wer offen, klar, empathisch und gut vorbereitet auf seine Mitarbeitenden zugeht, wird ehrliche Antworten erhalten und wertvolle Erkenntnisse gewinnen. Und dann passiert oftmals etwas Unerwartetes, ja geradezu etwas Magisches, wenn gegenseitiges Verstehen und Vertrauen neue, erfolgreiche Wege der Zusammenarbeit ermöglicht.
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